"Besonders in vollen Eisenbahnabteilen ist es total faszinierend, andere Menschen zu beobachten. Kaum vorstellbar, dass sie alle ein Leben haben. Dieselben Probleme wie ich sie habe oder hatte, oder sogar noch schlimmere. Dass sie Erinnerungen haben, von denen niemand etwas weiß. Gedanken, Gefühle. Der Zufall oder das Schicksal oder vielleicht auch beide haben dafür gesorgt, dass sich ein winziger Teil meines Lebens mit ihrem überschneidet. Für die Dauer einer Zugfahrt. Danach geht jeder getrennte Wege, ohne den anderen auch nur kennengelernt zu haben. Der alte Mann, der mir im Abteil gegenübersitzt, besucht vielleicht seinen Enkel. Oder das Grab seiner Frau. Und das junge Liebespaar neben mir wird vielleicht irgendwann heiraten. Oder sie trennen sich im Anschluss an diese Fahrt, weil der eine den anderen betrogen hat. Man wird nie wieder von diesen Menschen hören, aber manchmal bleiben einem solche Begegnungen im Gedächtnis. Man ist stiller Beobachter des Lebens."
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